Kein Mensch zweifelt an der Effektivität der Bewegung für die Kräftigung der Muskulatur und zum Abbau angesammelter Fettmassen. Umgesetzt wird das Mehr an Bewegung aber weder von den betroffenen Übergewichtigen, noch in der Beratung durch den Arzt. Fehlende Bewegung und Fehlernährung sind aber die Hürden auf dem Weg zur Verbesserung der Volksgesundheit.
Während noch vor wenigen Jahren den meisten Erkrankungen strikte Bettruhe entgegensetzt wurde, verordnen die Mediziner in Klinik und Praxis heutzutage vermehrte körperliche Aktivität, unabhängig davon, ob der Patient einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall, eine Operation oder eine Fraktur erlitten hat. Schon bald nach der Erstversorgung soll der Patient so früh wie möglich wieder auf die Beine kommen und die kurative Wirksamkeit der körperlichen Bewegung zum Gesundwerden nutzen.
In großen Untersuchungen wurde eindeutig belegt, und in der Erfahrungsmedizin ist es seit jeher bekannt, dass körperliche Bewegung als ein wichtiges Medikament gebraucht wird. Damit werden nicht nur die Symptome unterschiedlicher Volkskrankheiten gebessert, sondern vielfach auch ein positiver Effekt auf die auslösende Ursache erzielt.
Am Beispiel der Muskelzellen bei Diabetikern ergibt sich aus der intensivierten Aktivität des Betroffenen ein Lerneffekt für die Muskelzelle, die zur Energiegewinnung wieder die Glukose aus dem Blut verbraucht und so den erhöhten Blutzucker senkt. Damit wird die Glukosetoleranz der Zellen aufgehoben, und ein solcher Erfolg ist mit den wenigsten Medikamenten erreichbar.
Warum nur kommt in der Bevölkerung der Industrienationen die der Sport immer zu kurz? Während die Sportmediziner und Gesundheitsexperten seit Jahren bemüht sind, für mehr körperliche Aktivität zu werben, hat sich die Umsetzung zu therapeutischen Zwecken noch nicht als Selbstverständlichkeit zur Gesunderhaltung und Genesung durchgesetzt.
Vergleicht man diese Tatsache mit anderen medizinischen Disziplinen, wird klar, dass enorme Fortschritte auf dem Gebiet der Hygiene und der Identifizierung von pathogenen Keimen erzielt wurden, dass durch Impfungen bestimmte Infektionen gänzlich vermieden werden, und viele pharmakologische Substanzen existieren, um einen erhöhten Blutdruck senken oder die Blutfette und den Blutzucker zu regulieren. Bewegung als Medikament zur Erhalt der Volksgesundheit hat sich noch lange nicht ausreichend etabliert und erfolgversprechende Therapiekonzepte wurden nicht entwickelt.
Viele Ärzte entsprechen dem Wunsch der Patienten nach einem schnellen Rezept für Tabletten, Tropfen oder anderen pharmazeutischen Zubereitungen, die zur raschen Beseitigung von Beschwerden oder auch bedrohlichen Gesundheitsrisiken nur eingenommen werden müssen. Dass mit zunehmendem Lebensalter auch die Beschwerden der Menschen ansteigen, führt leicht zu einer Überversorgung mit Medikamenten, die sich störend auf die Homöostasen auswirken können oder sogar miteinander in Wechselwirkung treten und dadurch eher schädlich werden für die Organsysteme.
Brauchen die Ärzte eine zusätzliche Ausbildung zum Thema Vorsorge und zur Prävention von Zivilisationskrankheiten? Fallen wichtige Empfehlungen im stressigen Ärztealltag unter den Tisch? Werden Lebensstiländerung durch mehr Bewegung und gesundes Essen nicht mehr mit der Ursache und den Beschwerden in Verbindung gebracht? Oder wird der Patient in unter ganzheitlichen Gesichtspunkten übersehen und vernachlässigt?
Die AdipositasStiftung Deutschland möchte die Motivation in der Bevölkerung und in der Ärzteschaft für mehr Bewegung und Ernährungsumstellung fördern. Ärzte sollten als Multiplikatoren wirken, und die notwendigen Informationen zu den Ursachen und Folgen von Wohlstandserkrankungen immer wieder den Patienten nahe bringen.
Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention teilt mit, dass nach amerikanischem Vorbild auch für Europa eine Plattform „exercise is medicine“ etabliert werden soll, um den präventiven und rehabilitativen Nutzen von körperlicher Bewegung als flächendeckendes Konzept umzusetzen. Die Informationen richten sich an alle medizinisch-therapeutischen Berufsgruppen und auch die Patienten werden