Immer mehr Menschen leiden unter dem ständig ansteigenden Leistungsdruck am Arbeitsplatz. Dies schlägt sich in den immer häufiger diagnostizierten psychischen Erkrankungen nieder, die zur deutlichen Reduktion der Leistungsfähigkeit und langwährenden Arbeitsunfähigkeiten führen.
Gerade haben wir den Tag der Arbeit begangen, den immer mehr Menschen als willkommenen Tag der Entspannung und Selbstbestimmung nutzen. Die Arbeitsverdichtung für jeden Einzelnen wird zu Daueranspannung, deren Verarbeitung auf unterschiedlich Weise stattfindet. Dass die Arbeitsplatz-Situation vielen Menschen auf den Magen schlägt, ist eine bekannte Tatsache. Die Zunahme an Rückenschmerzen, die immer wieder mit Fehlhaltungen begründet wird, lässt sich bei überdurchschnittlich vielen Arbeitsnehmern auch auf die Übertragung der psychischen Anspannung auf die Muskulatur erklären. Auch die weit verbreiteten Kopfschmerzen, insbesondere der Spannungskopfschmerz, kann dieser Kategorie zugeordnet werden.
Angst um den Arbeitsplatz, die permanente Konkurrenzsituation innerhalb eines Teams oder einer Abteilung, Mobbing am Arbeitsplatz und vieles andere mehr füllen die Fachzeitschriften und mehr noch die Kiosk-Titel.
Eine aktuelle Studie der Bertelmann-Stiftung konstatiert den hohen Stress, unter dem der moderne Arbeitsnehmer permanent steht. Eine Umfrage des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann-Stiftung und der Barmer GEK dokumentiert, dass nahezu 20 Prozent aller Arbeitnehmer an der Grenze ihrer Belastbarkeit angekommen sind. Dennoch wird von 23 Prozent oft oder immer auf gesetzlich vorgeschrieben Pausen (mehr oder weniger) freiwillig verzichtet und nahezu zehn Prozent der Arbeitnehmer gehen trotz einer nachgewiesen Erkrankung dennoch zur Arbeit.
Wenn ein Viertel aller Arbeitnehmer angibt, dass er den Anforderungen langfristig nicht durchhalten kann, sollten alle Beteiligten des Gesundheitswesens diese Alarmglocken hören: Zeit- und Leistungsdruck, Arbeitsverdichtung und permanente Überforderung, und nicht zuletzt die fehlende Harmonie mit den Kollegen oder Vorgesetzten sind zentrale Risikofaktoren für die Entwicklung eines Burnouts, eines Erschöpfungszustandes, der die Lebensqualität auffrisst, Depressionen erzeugt und in der Folge Angsterkrankungen oder Suchtverhalten verursacht.
Die Aufmerksamkeit der Ärzte für dieses Phänomen ist längst geweckt, es fehlt ihnen aber an der notwendigen Zeit für die langwierige Behandlung des wachsenden Kollektivs mit Erschöpfungssyndrom. Frühzeitige präventive Maßnahmen wären dringend erforderlich, gehören aber nicht zu den Leistungen, die auch angemessen honoriert werden.
Die Reaktion der Ärzte mit Krankschreibungen dient vielleicht auch dazu, den psychisch ausgebrannten Betroffenen für eine gewisse Zeit aus dem „Hamsterrad“ zu nehmen, was möglicherweise die 40 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischer Erkrankungen erklären könnte. Es ist aber auch die Zahl der Depressionen angestiegen, die oft langfristige Arbeitsunfähigkeit auslöst und nicht selten sogar zu Berentung des Betroffenen führt. Depression ist als psychischer Erkrankung bekannt, der ein hohes Risiko für Rezidive (wiederholtes Auftreten) oder Chronifizierung (dauerhaft vorhanden) anhaftet.
Eine wesentliche Verbesserung der Arbeitssituation kann durch betriebliches Gesundheitsmanagement erreicht werden. Dazu sind die Arbeitsgeber, die Krankenkassen, die Politiker und die Arbeitsmediziner dringend gefragt, um regelmäßige Gesundheitstage für die Erwerbstätigen einzurichten. Besonders gefragt sind aber das kollegiale Miteinander, die gegenseitige Wertschätzung und der Respekt vor der Arbeitsleistung der Menschen in Betrieben, in Abteilungen und in den Teams. Dass Unternehmen miteinander konkurrieren, ist leicht erklärbar und dient dem Wachstum, wenn aber verunsicherte Kollegen eine Konkurrenzsituation aufbauen, schadet dies der Mitarbeitergesundheit, und schwächt die Unternehmen.