Hamburg. Jährlich erleiden 270.000 Menschen einen Schlaganfall und ein Drittel der Betroffenen bleibt mit schweren Folgeerkrankungen zurück. Eingeschränkte Mobilität, Sprach- und Schluckstörungen bleiben oft für den Rest des Lebens bestehen. Als zweithäufigste Todesursache endet der Schlaganfall für 30 Prozent letal, sagte Professor Joachim Röther, Neurologe an der Asklepios-Klinik in Hamburg Altona anlässlich der Veranstaltung “Rote Karte dem Schlaganfall“.
Es handelt sich immer um ein schlagartig einsetzendes Ereignis, für das mehr Aufmerksamkeit in der Bevölkerung geweckt werden muss, damit unmittelbar ein Anruf auf der 112 erfolgen sollte. Der Patient sollte innerhalb von drei Stunden in der Klinik, am besten in einer Stroke Unit, sein. Bisher gelingt es nur bei etwa 30 Prozent der Schlaganfälle, dieses Zeitfenster einzuhalten, in dem durch Intensivbehandlung viele der Schäden vermieden werden können.
Immer wenn Sprach- oder Sprechstörungen, eine Beeinträchtigung der Sehfähigkeit, Gesichtslähmungen oder Gehstörungen und Schwindel plötzlich auftreten, sollte die Möglichkeit eines Schlaganfalles ins Kalkül gezogen werden. Dies ist vor allem bei Patienten mit Risikofaktoren wie einer Hypertonie, einer Fettstoffwechselstörung, einem Diabetes und Übergewicht sowie bei Rauchern streng zu beachten, weil komplett verlegte Gefäße im Gehirn rasch wieder eröffnet werden können.
„Die Risikofaktoren addieren sich nicht nur, sondern potenzieren sich, und jede Akutbehandlung sollte die Forderung nach „time is brain“ erfüllen“, sagte Röther, der davor warnte, mit typischen Schlaganfallsymptomen zum Hausarzt zu gehen. Damit werde nur wichtige Zeit verschenkt, in der sich die Penumbra ausbreiten und die zerebrale Region der Mangeldurchblutung vergrößern würde.
Mit rasch eingeleiteter Thrombolyse werde die zerebrale Mangeldurchblutung beseitigt, bevor sich dauerhafte Schädigungen abzeichnen. Sind die Thromben sehr lang, würden diese mittels Katheder entfernt. Neben der Akuttherapie seien auch eine fundierte Nachbehandlung und ein perfektes Nachbehandlungskonzept von großer Bedeutung. Medikamentös gehören Aspirin®, ein Statin, ein Blutverdünner, am besten eines der neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) zur Nachbehandlung, die neben der Rehabilitation wichtig für die weitere Prognose sind.
Immer gehört die Suche nach einem Vorhofflimmern zum diagnostischen Standard, weil dies bei 25 Prozent der Fälle als Ursache für die Verlegung eines Gehirngefäßes in Frage kommt.
Bei Patienten mit Übergewicht und Hypertonie sollte jeder Warnhinweis zur Suche nach einem Vorhofflimmern veranlassen, appellierte Dr. Thomas Schramm an die ärztlichen Kollegen. Bei 36 Prozent aller kryptogenen Schlaganfälle kann ein Vorhofflimmern ursächlich unterstellt werden, und es gilt diagnostisch danach zu suchen, weil sie das Schlaganfallrisiko um das Siebenfache erhöht.
Dabei handelt es sich meist um sehr ausgeprägte Schlaganfälle, weil die im Herzohr gebildeten Thromben viel größer sind, als etwa die aus der Peripherie. Immerhin liege die Inzidenz für Vorhofflimmern der über 40jährigen bei 25 Prozent, und das Embolierisiko sei unabhängig von Symptomatik oder Nicht-Symptomatik, von kurzem oder permanent vorhandenem Vorhofflimmern. Diese Patienten sollten eine orale Antikoagulation wie z.B. Rivaroxaban (Xarelto®) erhalten, mit dem ischämische Schlaganfälle vermeidbar sind, und die Lebens- und Leistungsfähigkeit erhalten werde.