Es gibt noch eine medizinische Nuss, die noch zu knacken ist. Einer Studie zu Folge haben normalgewichtige Diabetiker ein höheres Risiko früher zu sterben als die übergewichtigen Diabetiker. Unter der Überschrift „Adipositas paradox“ weist die Deutsche Diabetes Gesellschaft auf das Problem hin, auch bei schlanken Menschen frühzeitig nach einem Diabetes zu fahnden.
Es sind bei weitem nicht alle Typ 2-Diabetiker übergewichtig, jeder zehnte aus diesem Kollektiv weist Normalgewicht auf. Nach den im Journal der amerikanischen Medizingesellschaft JAMA vorgestellten Ergebnissen der Studie scheint dies keine Vorteil zu sein, wenn man Diabetiker ist. Die Daten von 2.625 Menschen mit neu diagnostiziertem Diabetes zeigten, dass es zu 449 Sterbefällen kam, wobei das Sterberisiko für schlanke Menschen doppelt so hoch war im Vergleich zu den Übergewichtigen. Der Beobachtungszeitraum betrug 20 Jahre.
Typ 2-Diabetiker mit Normalgewicht sind nicht selten, sagte Professor Stephan Matthaei, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft aus Quakenbrück. In Studien beträgt deren Anteil zwischen 10 und zwanzig Prozent. Es könnte eine versteckte Fettleibigkeit dahinter stecken, meinte er, weil diese Menschen sich nicht durch gesündere Lebensweise auszeichnen.
„Bewegungsvermeidung führt bei einigen Menschen zum Verlust an Muskelmasse, die durch Fettgewebe ersetzt wird. So liegt das Körpergewicht oft im Bereich von Normalgewicht. Das Adipositas paradox wird auch bei einigen anderen Erkrankungen festgestellt. Es besteht für normalgewichtige dialysepflichtige Nierenpatienten ebenfalls ein erhöhtes Mortalitätsrisiko.
Die Antwort auf dieses Paradoxon lässt sich nicht aus epidemiologischen Studien ableiten, bedauert Professor Thomas A. Fritsche, Pressesprecher der DDG. Es wird vermutet, dass bei normalgewichtigen Personen ein bestehender Diabetes zu spät erkannt und die Therapie nicht konsequent durchgeführt wird. „Viele Diabetiker und deren Ärzte verzichten möglicherweise im Vertrauen auf das Normalgewicht darauf, die Ernährung konsequent umzustellen sowie körperliche Bewegung und Medikamente zu verordnen. Dadurch kann ein Diabetes progredienter verlaufen als bei Personen, die durch körperliche Bewegung und Ernährungsumstellung dieser Stoffwechselkrankheit entgegenwirken.
Die Studienergebnisse könnten die Früherkennung verändern, da es nicht mehr gerechtfertigt erscheint, ausschließlich bei übergewichtigen Personen nach der Stoffwechselerkrankung zu fahnden.